Der 1. September – ein besonderer Tag
Der 1. September ist ein wichtiger Einschnitt im gesellschaftlichen wie im kirchlichen Leben – auch wenn man das meist gar nicht so spürt. In zahlreichen Branchen und Firmen beginnt für zahlreiche junge Menschen die Ausbildung. Ob der Beginn des Ausbildungsjahres am 1. 8. oder am 1. 9. stattfindet, hängt auch von den Sommerferien ab. In den Schulen der DDR begann – nach sowjetischem Vorbild – das Schuljahr mit dem 1. September (bzw. dem nächstfolgenden Montag).

1. September. Tag des Wissens (russisch)
Der 1. September ist in den orthodoxen Kirchen auch Beginn des Kirchenjahres, das in den katholischen und evangelischen Kirchen mit dem 1. Adventssonntag eröffnet wird. Das hängt mit dem spätantiken Brauch der Indiktion zusammen, ein 15jähriger Zyklus zur Festsetzung der Steuer- und Naturalabgaben. Die Indiktion begann unter Kaiser Konstantin jeweils am 1. September und hat sich in vielen Ländern bis in das Mittelalter erhalten; im Beginn des Kirchenjahres in den orthodoxen Kirchen ist das noch sichtbar. An diesem Tag wird hier auch des Beginns der Schöpfung in Dank- und Bittgebeten gedacht. So heißt es in einem Gebet:
„Du Gründer der ganzen Schöpfung, der Du die Zeiten und Jahre in Deiner Macht bestimmt hast: Segne den Kranz des Jahres in Deiner Güte, o Herr; bewahre in Frieden alle, die uns regieren, und deine Gemeinde auf die Fürbitten der Gottesgebärerin, und errette uns!“
„Bewahre in Frieden alle die uns regieren …“: Diese im Gebet anklingende Sorge um den Frieden kommt auch im „Antikriegstag“ zum Ausdruck, der in Deutschland am 1. September (Beginn des Zweiten Weltkriegs mit dem Überfall auf Polen) begangen wird. Auch in der DDR wurde am 1. September der „Weltfriedenstag“ gefeiert. Zuvor gab es bereits eine Kampagne unter dem Motto „Nie wieder Krieg“, die mit dem 1. August verbunden war, dem Tag der Kriegserklärung des Deutschen Reiches an Russland.
2015, im Jahr seiner Umwelt-Enzyklika „Laudato si“, hat Papst Franziskus den 1. September als „Weltgebetstag um die Bewahrung der Schöpfung“ festgelegt. Das Datum ist nicht zufällig, denn mit dem September beginnt seit 2007 in ökumenischer Übereinkunft die „Schöpfungszeit“, die bis zum 4. Oktober (Gedenktag des heiligen Franz von Assisi) dauert (und in manchen Jahren auch den Erntedanksonntag miteinschließt). An diesem Weltgebetstag stehen der Lobpreis des Schöpfers im Mittelpunkt, die Bitte um Vergebung des menschlichen Vergehens an der Schöpfung und das Mit-Leiden mit der Schöpfung.

Simeon der Ältere (Joachim Schäfer – Ökumenisches Heiligenlexikon)
Im Kalender der orthodoxen Kirchen findet sich zudem am 1. September das Gedenken eines die Frömmigkeit und das Brauchtum prägenden Heiligen: Simeon, genannt Stylites („Säulensteher“). Er ist der vielleicht bekannteste Vertreter einer besonderen Form christlicher Spiritualität, in der die Nachfolge Christi in besonderen asketischen Formen gesucht wurde. Simeon, Ende des 4. Jahrhunderts geboren, lebte eine zeitlang als Mönch in einem Kloster, suchte dann aber die Einsamkeit und die Askese. Immer extremer wurden seine Bußübungen: Er lebte zeitweilig in einem Brunnenschacht, ließ sich einmauern, mit Ketten an einen Felsen schmieden. Im Jahr 423 ließ er eine etwa zwei Meter hohe steinerne Säule mit einer kleinen Plattform errichten, auf der er sieben Jahre lebte. Dann wechselte er für die kommenden 30 Jahre auf eine 18 Meter hohe Säule über. Er wurde zu einer großen Attraktion für die Menschen – nicht zuletzt seiner Predigten wegen, die er von seiner Säule aus hielt. Ein Zeitgenosse, der Bischof und Kirchengeschichtsschreiber Theodoret von Cyrus, schrieb über ihn: „Nicht nur die Bewohner unseres Landes drängten sich dort zusammen … Von Italien brauchen wir nicht zu sprechen. Denn so berühmt soll der Mann in dem großen Rom sein, dass man in allen Vorräumen von Werkstätten kleine Bilder von ihm aufgestellt hat.“ So trug also der Säulensteher maßgeblich zur Ausprägung von christlichen Souvenirs und Bildern bei …