Der Ort

Unser Institutsgebäude befindet sich auf historischem Boden: An der Stelle, wo es steht – nahe der zum Weltkulturerbe zählenden Michaeliskirche, an der Einmündung der „Schenkenstraße“ in die Straße „Langer Hagen“ – findet man auf alten Stadtkarten Hildesheims die Bezeichnung „Lülleken-Haus“ oder „Domus Lullekenii“. Die unterschiedlichen Schreibweisen sollten bei der Frage, was sich hinter diesem Haus-Namen verbirgt, nicht irritieren. Die Antwort findet man unter anderem in dem Büchlein „Ein’ schöne Stadt auf schönem Grund“ – sie führt weit zurück in die Geschichte der Stadt.

Brüderhaus der „Willigen Armen“

Danach stand bis zu seinem Abbruch zu Beginn des 19. Jahrhunderts an dieser Stelle im Michaelisviertel das im Volksmund „Lülleke-Haus“ genannte Brüderhaus der „Willigen Armen“. Der auffällige Name des Hauses leitet sich möglicherweise von „lollen“ oder „lullen“ – singen, summen, murmeln – ab, was auf die typische Gebets- und Gesangsart der Brüder beim Almosenheischen zurückzuführen ist. Die auch „Lullkebrüder“ genannten „Willigen Armen“ waren ursprünglich eine religiöse Laiengemeinschaft, die sich in Hildesheim der Krankenpflege und der Totenbestattung vor allem in Pestzeiten widmete und damit ihren Lebensuntehalt bestritt. Die Gemeinschaft erhielt das Gebäude Mitte des 14. Jahrhunderts (wohl 1359) als fromme Stiftung der Hildesheimer Patrizierfamilie Galle übertragen, wie aus einem Dokument von 1470 hervorgeht.

Um diese Zeit wandelten sich die „Willigen Armen“ auch zu einem klösterlichen Konvent, der zu den „Alexianern“ gehörte.
(Der heilige Alexius von Edessa war ein vom Volk sehr verehrter Heiliger des 5. Jahrhunderts, der in großer Armut lebte; er wird meist als Bettler mit Pilgerstab und einer Treppe dargestellt, weil er siebzehn Jahre unerkannt als Bettler unter der Treppe seines Elternhauses gelebt haben soll. Auf ihn führt sich dieser heute noch existierende Krankenpflege-Orden der Alexianer zurück.) 1543 bestand das Haus aus einer gemeinschaftlichen Wohnstube, einer Küche und mehreren Kammern, neben dem Haus gab es einen Küchengarten.

Welches Ansehen die „Willigen Armen“ in der Stadt besaßen, wird auch daraus deutlich, dass in der Schrift „Ein schöner Spruch von der Entstehung des Stifts und der Stadt Hildesheim“ von Onofrius Meyenrose (1575) das Lülleken-Haus als einziges „Haus“ gegenüber den städtischen und kirchlichen Gebäuden erwähnt wird:

„Noch eins will ich auch euch künden:
In einem Hause sind zu finden
vier oder fünf gar fromme Herrn,
die helfen in allen Nöten gern
bei kranken Leuten früh und spat,
sie beten, trösten, geben Rat.
Sie dienen gern Reichen und Armen
um Gottes Willen voll Erbarmen.
Sie werden Hilfe nie verwehren,
ihr Brot verdienen sie mit Ehren.“

Wechselhafte Geschichte

Der kleine Hildesheimer Konvent blieb auch nach Einführung der Reformation in Hildesheim bestehen, allerdings mussten die Mitglieder ihren Habit ablegen. Das Betätigungsfeld änderte sich; das Haus diente zunehmend als Altenheim für bedürftige Hildesheimer Bürger. Nach einem fast fünfhundertjährigem Alter wurde das Lülleken- oder Alexienhaus so baufällig, dass man Ende des 18. Jahrhunderts beschloss, es abzureißen. Eine Zeitlang diente der Bauplatz als Garten; 1823 wurde eine Knabenschule der evangelischen Martinigemeinde errichtet.

Heute dient das Untergeschoss auch als bed&breakfast-Gästesuite. Damit kommt auch das alte Motiv der „Gastlichkeit“, die ja auch im Zusammenhang der religiösen Kulinaristik immer wieder betont wird, zum Tragen. Seit 2015 können Gäste aus der ganzen Welt hier nächtigen, erhalten ein Frühstück, und können sich nebenbei mit den vielen Büchern, die das Haus bietet, beschäftigen.

Mehr Informationen über die Geschichte des Hauses bietet das Buch „Ein schöne Stadt auf schönem Grund“.