Heide G. Kraus | Christa Spielling-Nöker u.a. Von Klosterbrezeln und Silvesterkarpfen.

Heide G. Kraus
Von Klosterbrezeln und Silvesterkarpfen.
Ein Streifzug durch die traditionelle Festtagsküche.

Mit 90 Rezepten aus Großmutters Küche,
Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2010,
Hardcover 150 S.,ISBN 978-3-579-07019-3

„Kloster“, „traditionell“, „Großmutters Küche“: Man muss noch nicht einmal Thilo Bodes „Die Essensfälscher“ gelesen haben, um zu ahnen, worauf das Buch abzielt: Auf die Suggerierung einer heilen Welt auch und gerade in der Küche – vor allem mit Kirche. Das Buch enthält Rezepte zu überwiegend kirchlichen Festtagen und -zeiten vom Beginn des Jahres bis Weihnachten und schließt auch ein „Fest ohne Namen“ ein … Warum das Jahr hier allerdings mit Silvester beginnt, wird nicht klar.

Jedem dieser Anlässe geht eine kurze Erklärung voran; das ist an sich zwar lobenswert; allerdings wird auch oft manch Unsinniges erzählt, wird längst Überkommenes mit Heutigem vermengt und werden auch „alte Bräuche“ unter gehoben, wie etwa am Gründonnerstag: „Ein alter Brauch aus dem 14. Jahrhundert sagt, dass an diesem Tag grünes Gemüse und grüne Kräuter gegessen werden sollen. Gerne bereitete man ein Mahlzeit aus neun (Wild)Kräutern zur Entschlackung des Körpers und zur Bekämpfung der Frühjahrsmüdigkeit zu.“ So ist der wirkliche Informationswert teilweise sehr gering. Auch manchen Gerichte sind fragwürdig: „Scholle auf dem Kreuz“ zum Beispiel am Karfreitag mit gekreuzten Spargelstangen zum Fischfilet grenzt ans Geschmacklose. Vielleicht noch ein Hinweis: Der Ausspruch „Man soll dem Leib etwas Gutes bieten, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen“ wird zwar Winston Churchill zugeschrieben, stammt aber in seinem Original wohl von Theresa von Ávila. Allerdings hatte die Seele in besagtem Herrn wohl etwas mehr Platz …

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Christa Spielling-Nöker

 

Himmlische Küche.
Kochbuch für die christlichen Feste

Mit 12 Rezepten von Starköchin Lea Linster
Verlag Herder, Freiburg 2010
Hardcover 223 S., zahlreiche Abb.
ISBN 978-3-451-30206-0

 

Auch das „fromme Kochbuch“ aus dem Herder-Verlag versucht es mit der Kombination von kirchlich-theologischen Informationen und Rezepten. Den Unterschied macht aber nicht nur das Zitat, das hier korrekt Theresa von Ávila zugeschrieben wird, sondern auch alles andere. Die Rezepte stammen teilweise von „Starköchin“ Lea Linster; die Hinweise sind von der Theologin Spilling-Nöker und ungleich informativer als in obigem Buch (wobei ihr allerdings auch bisweilen manches schief gerät), ein Literaturverzeichnis schließt sich gar am Ende an; hinzu kommen zahlreiche appetitanregende Bilder und Geschichten, Erzählungen von früher – und Zitate von Anselm Grün: Wenn das keine gelungene Mischung ist … Ein aufwändig gestaltetes und gut gemachtes Buch – vielleicht aber auch typisch für das gegenwärtige Verständnis einer christlichen Mahlkultur: Viel coffeetable-Hochglanz, kombiniert mit „Wie’s einstens war …“ sowie raffinierten neuen und „brauchtümlichen“ Gerichten – eine für heute bequem passende „Himmlische Küche“ eben, bei der man es sich so recht wohl gehen lassen kann. Immerhin: Zu Karfreitag wird kein Rezept geboten.

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Gerfried Sitar
Klostergeheimnisse aus Küche und Keller

Verlag Schnell + Steiner, Regensburg 2010
Hardcover, 159. S., zahlreiche Abb.
ISBN 978-3-7954-2182-3

Was den einen „Großmutters Rezepte“ sind, sind für andere „Klostergeheimnisse“: In vorliegendem Buch sind sie der Bibliothek des österreichischen Benediktinerstiftes St. Paul entnommen und von dem früheren Küchenchef des Stifts aufbereitet, nachgekocht und vorgestellt. Der Archivar und Leiter des Stiftsmuseums, Gerfried Sitar, hat eine ausführliche Einführung zur Entwicklung der Tischkultur vorangestellt, die sich auch über einige Seiten der Glas- und Porzellanherstellung widmet. Auch auf die klösterliche Mahlkultur geht sie ein und den Brauch der klösterlichen Armenspeisung. Diese Einführung ist reich bebildert mit Darstellungen kulinarischer Geräte, Bestecke, Gefäße, häufig aus dem Stift selbst stammend. Die sich anschließenden kulinarischen Genüsse aus der Klosterküche umfassen Vorspeisen (fast ausschließlich Suppen, deren „geheimnisvolle Namen („Gefangenen-Suppe“, „Seltsame Klostersuppe“ u.v.a.m.) leider nicht erklärt werden), Hauptgerichte und Nachspeisen. Neben „erlesenen Kreationen“ soll auch die Alltagskost des Klosters gezeigt werden, das mit Produkten aus dem Garten oder der Region zubereitet wird und trotzdem oder gerade deswegen ein hoher Genuss für den Gaumen sein kann. Die Gerichte sind jeweils im Bild festgehalten; man merkt dem Autor die Freude am Schönen an – fast alle Aufnahmen stammen von ihm.

Auch hier stellt sich die Frage nach der Authentizität. Hier kommt sogar die Fastensuppe, scheint’s, schwelgerisch daher. Kann sich, darf sich damit Bild und Botschaft christlicher Mahlkultur begnügen? Wird hier nicht ein Bild klösterlicher Tafelfreuden projiziert, das letztlich nur die Vorstellung unterstützt: Unterm Krummstab ist gut leben? Schade, denn Kloster und Kirche haben auch anderes zu bieten.

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