Anton Escher / Thomas Koebner (Hgg.) | Ist man, was man isst? Essrituale im Film

Anton Escher / Thomas Koebner (Hgg.)
Ist man, was man isst?
Essrituale im Film

edition text+kritik im Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG, München 2009
Paperback, 231 S., zahlreiche s/w-Abb., 26,00 Euro
ISBN 978-3-86916-004-7

Ess-Szenen im Film sind nicht selten symbolische Akte, die das Selbstverständnis der Esser und das Charakteristische ihrer sozialen Prägung verraten und so zu einem kleinen „Sonder-Drama“ bei Tisch werden. Über die Bedeutung dieser Rituale geben verschiedene Komponenten Aufschluss: Der Ort; die Zeit und der Anlass; die Perspektive der Betrachtung; die Bedeutung und Funktion des Essens; die Einteilung des Essvorgangs; die Speisen selbst. Daneben gibt es verschiedene Typen eines Essens wie etwa das einsame Essen oder Szenen, die in der Küche spielen oder an einer Familientafel. Zu ihnen gehören auch gewissermaßen „heilige“ Mähler, die in verschiedenen Filmen angedeutet werden. Natürlich „Babettes Fest“, mehrfach in diesem Buch genannt, dessen einzelne Beiträge auf eine Tagung zum Thema der Essrituale zurückgehen, die im Jahr 2006 an der Mainzer Universität stattfand. Aber auch das „Thanksgiving“-Dinner in dem Film „What‘s cooking“ aus dem Jahr 2000. Das von religiösen Motiven geprägte Festmahl, das in seinen Zeremonien „einer nicht niedergeschriebenen Liturgie“ folgt, bestätigt gesellschaftliche Ordnung und vermeidet gewaltgeprägtes Chaos. Umgekehrt wird auch der Verlust ritualisierten Essens behandelt; plakativ stellt der Dokumentarfilm „Super Size Me“ (2004) eine heile Familie der 1950er-Jahre dem heutigen Lebensstil vieler Amerikaner entgegen, für die Essen kein Ritual mehr darstellt, sondern ein beiläufiges Tun, bei dem man oft genug nicht einmal mehr weiß, was man überhaupt isst – Hauptsache, der Einheitsgeschmack bleibt gewahrt: „One world, one flavour“.

Das hat dem Film viel Kritik eingebracht; aber solche Filme, wie auch „We feed the world“ sind wichtig, weil sie die Augen öffnen für die Probleme einer zunehmend globalisierten, konsumorientierten Lebensmittelindustrie – Probleme, die man angesichts eines auch in Prekariatsschichten noch gut gefüllten Tisches beim Essen selbst kaum wahrnimmt.

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