Gerhard Hotze | Jesus als Gast

Gerhard Hotze
Jesus als Gast.
Studien zu einem christologischen Leitmotiv im Lukasevangelium (Forschung zur Bibel 111)

Echter-Verlag, Würzburg 2007
Kart., 339 S., ISBN 978-3-429-02872-5

Mehrere neuere Bücher zur Gastfreundschaft, ein Symposion des „Kulinaristik-Forums“ im Herbst 2009 zur „Gastlichkeit“ (dessen Ergebnisse demnächst auch veröffentlicht werden) zeigen, dass diese Thematik derzeit in den Blick geraten ist. Auch aus theologischer Sicht ist sie von großer Bedeutung; Gastlichkeit spielt für die Geschichte des Volkes Israel und auch einzelner Menschen eine wesentliche Rolle, sie wird auch den Christen als Mahnung aufgetragen: „Vergesst die Gastfreundschaft nicht“ (Hebr 13,2).
Das Wesen des Gastes lässt sich auch im irdischen Leben Jesu erkennen, wie es Gerhard Hotze, Schüler des Münsteraner Neutestamentlers Karl Kertelge, in seiner Studie zeigt. Vor allem das Lukasevangelium kennt verschiedene Erzählungen mit Jesus als Gast: beim Zöllner Levi (Lk 5,27–32), beim Oberzöllner Zachäus (19,1–10), bei Marta und Maria (10,38–42), bei den Emmausjüngern (Lk 24,28–32); beim Pharisäer Simon und der Sünderin (7,36–50), bei einem anonymen Pharisäer (11,37–54) und auch bei einem führenden (14,1–24). Der Blick auf Jesus als „Gast“ zeigt nicht nur den Alltag des Wanderpredigers, der „Gast“ ist auch eine Metapher: für Fremdheit (Jesus, der keinen Platz in dieser Welt hat); für das Neue und Andere (Jesus, dem man mit Neugier begegnet, weil eine neue und andere Botschaft bereithält); für Gastfreundschaft (Jesus, der die Gemeinschaft – auch und gerade beim Mahl – mit den Menschen sucht); für Befristung des Aufenthaltes (Jesu kommt von Gott und kehrt zu ihm zurück) und für das Gastgeschenk (Jesus und seine Botschaft selbst ist das Geschenk Gottes an die Menschen). Was will uns aber Lukas mit der Metapher „Gast“ verdeutlichen?
1. Gott entäußert sich, er macht sich angewiesen auf jemanden, der ihn aufnimmt. Gott ist nicht nur Herr und König, er verdemütigt sich um unsretwillen. 2. Wie bei einer Gastfreundschaft geht es Gott letztlich um eine Partnerschaft; er wirkt das Heil nicht von oben herab, sondern auf gleicher Ebene: Als Gast sucht der Retter Jesus die Mitwirkung des Gastgebers. 3. Der typische Raum für den Gast Jesus ist das Haus; vor allem bei Tisch geschieht Begegnung, ganz nah. Gott sucht heim – im besten Sinne. 4. Als Gast bleibt Jesus Gott, Der heimsuchende Christus bleibt nicht für immer. Wir können ihn nicht festhalten, aber er entzieht sich nicht gänzlich: In seiner Kirche, in seinem Wort und Sakrament ist er verwandelt noch immer Gast und Gastgeber zugleich.
Es wäre wünschenswert, diesen „Titel“ Jesu auch in den Gottesdiensten zur Sprache zu bringen, um damit nicht nur eine oft übersehene Rolle Jesu aufzuzeigen, sondern auch zum Selbstverständnis der Gemeinde beizutragen, die in seiner Nachfolge – auch der des „Gastes“ – steht.

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