Michael Bünker | Bischofsbrot & Mozartkugel – Von irdischen Süßigkeiten und himmlischen Wahrheit

Michael Bünker
Bischofsbrot & Mozartkugel
Von irdischen Süßigkeiten und himmlischen Wahrheiten.
20 spirituelle Betrachtungen

Styria-Verlag, Wiem 2010,
Hardcover mit Schutzumschlag, 136 S.,
ISBN 978-3-222-13301-5

Auf einer interkulturellen Veranstaltung zum Thema Essen in den Religionen nach typisch christlichen Speisen und Getränken befragt, antwortete ich vor einiger Zeit „Brot und Wein“. Dabei hätte ich gut und gern auch auf Süßigkeiten verweisen können, denn nicht nur in der biblischen Tradition spielt das Süße eine wichtige Rolle (z. B. das Manna, das wie Honigkuchen schmeckt – Ex 16,31), sondern auch in der christlichen. Die Mystikerinnen und Mystiker umschrieben ihre Beziehung zu Jesus als „süß“, ja er selbst ist der „süßeste Herr Jesus“ (was nicht gleichzusetzen ist mit niedlich), die Eucharistie lässt uns schmecken und sehen, „wie süß der Herr ist“ (wie Martin Luther ursprünglich Ps 34,9 übersetzt hat). Die Neugetauften in der Alten Kirche empfingen Milch und Honig bei ihrer Eingliederung in die Kirche, ein praegustus auf das in Jesus Christus wieder zugänglich gemachte Paradies. Auch die großen Feste haben unzweifelhaft einen süßen Beigeschmack, den die Süßwarenindustrie schon Monate im Voraus bedient. Kurzum: Der Geschmack der Religion ist – süß. So schreibt es Michael Bünker, Bischof der Evangelischen Kirche in Österreich in seinem Buch.
Es ist eine geniale Idee, dem Süßen an sich einmal nachzuspüren und zu probieren, welche geistliche Essenz sich daraus gewinnen lässt. 20 verschiedene typisch österreichische süße Naschereien – von der Mozartkugel über PEZ, Manner-Schnitten und Milka-Schokolade (zwar aus der Schweiz stammend, doch hergestellt in Bludenz, Österreich) bis hin zu eher lokalen Spezialitäten wie Grazer Uhrturmtaler und Gmunder Schwaneneier – erschließt Bünker in diesem Buch, oft von ihrer Geschichte und Bedeutung ausgehend, aber dann auch in einen nachdenkenswerten geistlichen Impuls gewendet. Manchmal etwas gewaltsam, wie die „Küfferle Schokoschirmchen“, die daran denken lassen, dass Gott nicht im Regen stehen lässt, weil er „beschirmt“, wie es oft in der Bibel heißt. Oder die Werbung für „Napoli Dragee Keksi“ – „Wenn ich nur aufhören könnt!“ –, die an die Bedeutung des Innehaltens und Aufhören-Könnens gemahnt. Mitunter aber auch tiefgründig, geistreich und nachdenklich wie bei den „Wiener Zuckerln“ aus der Dynastie Heller, der auch der Poet André Heller entstammt.
Jedem Kapitel ist ein passender biblischer oder geistlicher Text beigefügt – leider sehr unschön in einen Kasten gezwängt, ohne, wie bei etwa bei Psalm 104 nötig, auf die Struktur des Textes zu achten. Schade. Doch ansonsten Ein äußerst anregendes Buch.

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